Jura Update

Versetzung einer Tageszeitungsredakteurin in eine Entwicklungsredaktion

17. März 2010

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Die Klägerin ist seit 1994 bei der Beklagten, einem Zeitungsverlag, als Redakteurin beschäftigt. Sie war zuletzt in der Redaktion Reise/Stil tätig. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien ua. geregelt:

„Der Verlag behält sich vor, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten zu übertragen, wenn es dem Verlag erforderlich erscheint und für den Redakteur zumutbar ist …“

Die Beklagte versetzte die Klägerin mit Wirkung vom 19. Juni 2007 in die neu gebildete Service- und Entwicklungsredaktion. Dort sollte die Klägerin mit zwei weiteren Redakteurinnen und einem Teamleiter ua. eine Gesundheitsbeilage entwickeln. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die ausgesprochene Versetzung unwirksam ist. Sie verlangt außerdem Beschäftigung in der Redaktion Reise/Stil.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb vor dem Neunten Senat ohne Erfolg. Nach dem Arbeitsvertrag ist die Beklagte nur berechtigt, der Klägerin eine Redakteurstätigkeit bei anderen Objekten/Produkten zu übertragen. Es gehört nicht zum Berufsbild des Redakteurs, nur neue Produkte zu entwickeln, ohne noch zur Veröffentlichung bestimmte Beiträge zu erarbeiten. Zudem übertrug die Beklagte der Klägerin keine anderen Produkte, sondern entzog ihr ausschließlich die bisher bearbeiteten Produkte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Februar 2010 – 9 AZR 3/09 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Juli 2008 – 22 Sa 2174/07 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 15/10 vom 23.02.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Übernahme von Jugend- und Auszubildendenvertretern bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

17. März 2010

Ein Arbeitgeber kann verpflichtet sein, einen Jugend- und Auszubildendenvertreter nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, wenn es im Betrieb einen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz gibt, der mit einem Leiharbeitnehmer besetzt ist. Nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG gilt mit einem Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist, im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet, wenn er in den letzten drei Monaten vor der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vom Arbeitgeber schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangt hat. Der Arbeitgeber kann nach § 78a Abs. 4 BetrVG bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen, wenn ihm die Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden kann. Beschäftigt er auf dauerhaft eingerichteten, ausbildungsadäquaten Arbeitsplätzen Leiharbeitnehmer, so kann es ihm zumutbar sein, einen solchen Arbeitsplatz für den zu übernehmenden Jugend- und Auszubildendenvertreter freizumachen. Die Zumutbarkeit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei können das berechtigte betriebliche Interesse an der Weiterbeschäftigung des Leiharbeitnehmers oder vertragliche Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber dem Verleiher von Bedeutung sein.

Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat deshalb den Beschluss eines Landesarbeitsgerichts aufgehoben, das ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalls dem Antrag eines Unternehmens der Automobilindustrie auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit einer Jugend- und Auszubildendenvertreterin entsprochen hatte, obwohl in dem Beschäftigungsbetrieb zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses Leiharbeitnehmer beschäftigt waren. Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur weiteren Prüfung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird nunmehr zu klären haben, ob innerhalb der letzten drei Monate vor der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses im Betrieb ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer besetzt war, den die Arbeitgeberin unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls der Jugend- und Auszubildendenvertreterin hätte übertragen müssen.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. Februar 2010 – 7 ABR 89/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2008 – 10 TaBV 93/07 -

Quelle: Pressemitteilung Nr 13/10 vom 17.02.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Weihnachtsgratifikationen für Betriebsrentner

17. Februar 2010

Gewährt ein Arbeitgeber seinen Betriebsrentnern in drei aufeinanderfolgenden Jahren vorbehaltlos eine Weihnachtsgratifikation in gleicher Höhe, so entsteht dadurch eine betriebliche Übung, die ihn zur Zahlung auch in den Folgejahren verpflichtet. Erklärt er den Betriebsrentnern gegenüber zu einem späteren Zeitpunkt, er gewähre die Gratifikation nur noch in den kommenden drei Jahren, und rechnet er sie ab diesem Zeitpunkt mit dem Hinweis „Versorgungsbezug freiwillige Leistung“ ab, lässt dies den Anspruch auch dann nicht entfallen, wenn die Versorgungsberechtigten der vom Arbeitgeber beabsichtigten Änderung nicht widersprechen. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, es sei eine gegenläufige betriebliche Übung entstanden.

Geklagt hatte ein Betriebsrentner, dessen frühere Arbeitgeberin über mehr als zehn Jahre an ihre Betriebsrentner jeweils mit den Versorgungsbezügen für den Monat November ein Weihnachtsgeld iHv. zunächst 500,00 DM und später 250,00 Euro gezahlt hatte. Die an die Versorgungsberechtigten gerichtete Mitteilung der Arbeitgeberin, sie werde die freiwillige Leistung nach dem Ablauf von drei Jahren einstellen, beseitigte die betriebliche Übung ebenso wenig wie der in den Versorgungsabrechnungen enthaltene Hinweis, es handele sich um einen „Versorgungsbezug freiwillige Leistung“.

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2010 - 3 AZR 123/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 31. Oktober 2007 - 8 Sa 890/07 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 12/10 vom 16.02.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Betriebsrente – Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten

17. Februar 2010

Der bloße Statusunterschied zwischen Arbeitern und Angestellten rechtfertigt eine Ungleichbehandlung im Arbeitsverhältnis nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn damit an Unterschiede angeknüpft wird, die eine derartige Ungleichbehandlung rechtfertigen. Dabei ist das Ziel, Unterschiede im durch die gesetzliche Rentenversicherung erreichten Versorgungsgrad auszugleichen, legitim. Damit die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, müssen die unterschiedlichen Versorgungsgrade für die Gruppen tatsächlich bezeichnend sein. Dabei kommt es nicht auf Durchschnittsberechnungen an. Entscheidend ist, ob die Gruppen hinsichtlich des Versorgungsgrades in sich ausreichend homogen und im Vergleich zueinander unterschiedlich sind.

Fehlt es an einer Rechtfertigung für eine schlechtere Behandlung von Arbeitern, steht diesen für Beschäftigungszeiten ab dem 1. Juli 1993 im Wege der Angleichung nach oben dieselbe Leistung zu wie Angestellten. Für Zeiträume vorher besteht Vertrauensschutz, da auch gesetzliche Regelungen an den bloßen Statusunterschied anknüpften. Die Angleichung nach oben ist im Betriebsrentenrecht auch geboten, wenn die Ungleichbehandlung aufgrund einer Betriebsvereinbarung erfolgte. Der Anspruch richtet sich nicht nur gegen den Arbeitgeber, sondern auch gegen eine konzernübergreifende Gruppenunterstützungskasse, wenn der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten gehört.

Nach diesen Grundsätzen hatte die Klage eines früher bei einem Automobilhersteller als Arbeiter beschäftigten Betriebsrentners vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts ebenso Erfolg wie im Wesentlichen auch in den Vorinstanzen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2010 - 3 AZR 216/09 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 12. Februar 2009 - 13 Sa 598/08 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 11/10 vom 16.02.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Unzureichende Deutschkenntnisse als Kündigungsgrund

1. Februar 2010

Ist ein Arbeitnehmer nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen zu lesen, so kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Es stellt keine nach § 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Der Arbeitgeber verfolgt ein im Sinne des Gesetzes legitimes, nicht diskriminierendes Ziel, wenn er – zB aus Gründen der Qualitätssicherung – schriftliche Arbeitsanweisungen einführt.

Der 1948 geborene Kläger war seit 1978 als Produktionshelfer bei der Arbeitgeberin beschäftigt, einem Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie mit ca. 300 Arbeitnehmern. Er ist in Spanien geboren und dort zur Schule gegangen. Nach einer vom Kläger unterzeichneten Stellenbeschreibung aus dem Jahr 2001 zählte zu den Anforderungen die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Der Kläger absolvierte im September 2003 auf Kosten der Arbeitgeberin während der Arbeitszeit einen Deutschkurs. Mehrere ihm empfohlene Folgekurse lehnte er ab. Seit März 2004 ist die Arbeitgeberin nach den entsprechenden Qualitätsnormen zertifiziert. In der Folgezeit wurde bei mehreren internen Audits festgestellt, dass der Kläger Arbeits- und Prüfanweisungen nicht lesen konnte. Im September 2005 forderte die Arbeitgeberin ihn auf, Maßnahmen zur Verbesserung seiner Deutschkenntnisse zu ergreifen. Eine weitere Aufforderung im Februar 2006 verband die Arbeitgeberin mit dem Hinweis, er müsse mit einer Kündigung rechnen, wenn er die Kenntnisse nicht nachweisen könne. Nach einem Audit von April 2007 war der Kläger weiterhin nicht in der Lage, die Vorgaben einzuhalten. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats zum 31. Dezember 2007.

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die hiergegen erhobene Klage – anders als das Landesarbeitsgericht – abgewiesen. Die Kündigung verstößt nicht gegen das Verbot mittelbarer Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Der Arbeitgeberin war es nicht verwehrt, vom Kläger ausreichende Kenntnisse der deutschen Schriftsprache zu verlangen. Sie hatte ihm ausreichend Gelegenheit zum notwendigen Spracherwerb gegeben.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 764/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17. Juli 2008 – 16 Sa 544/08

Quelle: Pressemitteilung Nr. 10/10 vom 28.01.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Wahlvorschläge und Stützunterschriften

25. Januar 2010

Wahlvorschläge für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung müssen innerhalb der Einreichungsfrist mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften im Original beim Wahlvorstand eingehen. Die Einreichung von Telekopien genügt nicht. Der Wahlvorstand muss das Vorliegen der erforderlichen Unterschriften zuverlässig prüfen können. Dies kann er nur, wenn ihm die Originalunterschriften vorliegen. Allerdings müssen sich nicht sämtliche Stützunterschriften auf demselben Blatt befinden. Es muss aber gewährleistet sein, dass sich die Unterschriften auf den Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Dies kann beispielsweise durch die körperliche Verbindung mehrerer Blätter oder durch die Angabe eines gemeinsamen Kennworts auf sämtlichen Blättern geschehen.

Ohne Erfolg haben daher die Antragsteller eines vom Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Wahlanfechtungsverfahrens geltend gemacht, der Wahlvorstand habe einen für die Wahl der Bezirksschwerbehindertenvertretung per Telefax eingereichten Wahlvorschlag zu Unrecht zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung war dennoch erfolgreich, da der Wahlvorstand in seinem Wahlausschreiben die Voraussetzungen der Wählbarkeit nicht ausreichend beschrieben hatte. Das Bundesarbeitsgericht erklärte deshalb, wie bereits das Landesarbeitsgericht, die Wahl für ungültig.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 TaBV 1/08 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 05/10 vom 20.01.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Keine Leistungsklage auf Abfindung aus einem nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vereinbarten Sozialplan

21. Januar 2010

Eine Leistungsklage gegen den Insolvenzverwalter auf Zahlung der Abfindung aus einem nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit abgeschlossenen Sozialplan ist unzulässig. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO hat für Sozialplanansprüche keine Bedeutung.

Der Kläger war Arbeitnehmer der Autohaus G. GmbH, über deren Vermögen am 1. Februar 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte ist zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter dem 7. Februar 2007 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an. Der Betriebsrat und der Beklagte vereinbarten am 13. Februar 2007 einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus dem Sozialplan steht dem Kläger, dessen Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich rechtswirksam zum 30. Juni 2007 beendet worden ist, unstreitig ein Anspruch auf eine Abfindung von 18.061,48 Euro brutto zu. Der Kläger nimmt im Wege der Leistungsklage den Beklagten auf Zahlung der Sozialplanabfindung in Anspruch. Hilfsweise begehrt er die Feststellung des Abfindungsanspruchs.

Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Zwar sind Forderungen aus einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplan gem. § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO Masseforderungen, die nach § 53 InsO vorweg zu befriedigen sind. § 123 Abs. 3 Satz 2 InsO bestimmt jedoch, dass eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung schlechthin unzulässig ist. Dies gilt auch für Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung aus einem vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit abgeschlossenen Sozialplan. § 123 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 InsO setzen eine relative Obergrenze für Sozialplanansprüche. Danach darf außer in den Fällen des Zustandekommens eines Insolvenzplans für die Berichtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne den Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Wird diese Grenze überschritten, sind die einzelnen Sozialplanforderungen anteilig zu kürzen. Daraus folgt, dass im Falle der Masseunzulänglichkeit keine Sozialplanansprüche bestehen. Solche Ansprüche sind lediglich letztrangige Masseforderungen, die bei der Verteilung nach § 209 InsO keinerlei Rolle spielen. Einer Leistungsklage fehlt deswegen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil ein entsprechender Leistungstitel dauerhaft keine Vollstreckungsgrundlage wäre. Auch das für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse lag nicht vor, weil der Insolvenzverwalter den Sozialplananspruch weder dem Grund noch der Höhe nach in Frage stellt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Januar 2010 - 6 AZR 785/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2008 - 15 Sa 2088/07 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 04/10 vom 21.01.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Internet für den Betriebsrat

21. Januar 2010

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Bereitstellung eines Internetanschlusses jedenfalls dann verlangen, wenn er bereits über einen PC verfügt, im Betrieb ein Internetanschluss vorhanden ist, die Freischaltung des Internetzugangs für den Betriebsrat keine zusätzlichen Kosten verursacht und der Internetnutzung durch den Betriebsrat keine sonstigen berechtigten Belange des Arbeitgebers entgegenstehen. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung in dem erforderlichen Umfang auch Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört das Internet.

Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat daher, wie bereits die Vorinstanzen, dem Antrag eines Betriebsrats stattgegeben, der von der Arbeitgeberin einen Zugang zum Internet für den ihm zur Verfügung stehenden PC verlangt hat. Die Leitung des von der Arbeitgeberin betriebenen Baumarkts, für den der Betriebsrat gebildet ist, verfügt über einen Internetanschluss. Durch die Freischaltung des dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten PC entstehen für die Arbeitgeberin keine zusätzlichen Kosten. Auch sonstige der Internetnutzung durch den Betriebsrat entgegenstehende berechtigte Belange hatte die Arbeitgeberin nicht geltend gemacht.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. Januar 2010 - 7 ABR 79/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Juli 2008 - 17 TaBV 607/08 -

Quelle: Pressemitteilung 03/10 vom 20.01.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Betriebsrente – Insolvenzsicherung – Neue Bundesländer

19. Januar 2010

Nach dem Einigungsvertrag gilt das Betriebsrentengesetz auch in den neuen Bundesländern, wenn die Versorgungszusage nach dem 31. Dezember 1991 erteilt wurde. Das kann auch durch Bestätigung einer früher erteilten Zusage geschehen. Ist das Betriebsrentengesetz anwendbar, gelten auch die Regeln zum Insolvenzschutz. Danach hat der Pensionssicherungsverein (PSV) für gesetzlich unverfallbare Betriebsrentenanwartschaften einzustehen. Bei der Prüfung, ob die notwendige Betriebszugehörigkeit für die Unverfallbarkeit vorliegt, sind Zeiten der Tätigkeit als Mitglied einer „Produktionsgenossenschaft Handwerk“ (PGH) mitzurechnen. Eine solche „Tätigkeit für ein Unternehmen“ steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Voraussetzung für den Insolvenzschutz ist weiter, dass die Zusage „aus Anlass“ eines Arbeitsverhältnisses und nicht wegen einer Gesellschafterstellung erteilt wird. Das ist bei Zusagen einer in eine GmbH umgewandelten ehemaligen PGH, die diese den für sie als Arbeitnehmer tätigen GmbH-Gesellschaftern und ehemaligen PGH-Mitgliedern gegeben hat, dann der Fall, wenn die Zusage nicht entscheidend aufgrund der Gesellschafterstellung, sondern aufgrund der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis erteilt wurde. Eine Eintrittspflicht durch den PSV scheidet nach allgemeinen Regeln aus, wenn die Parteien des Versorgungsverhältnisses mit dem alleinigen oder überwiegenden Zweck gehandelt haben, ihn in Anspruch zu nehmen.

Nach diesen Grundsätzen war die gegen den PSV gerichtete Klage eines ehemaligen PGH-Mitgliedes und später als Arbeitnehmer für die aus der PGH entstandene GmbH tätigen Versorgungsberechtigten, der gleichzeitig mit einem geringen Anteil Gesellschafter war, in allen Instanzen erfolgreich.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Januar 2010 - 3 AZR 660/09 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 24. Juli 2009 - 4 Sa 1093/08 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 02/10 vom 20.01.2010 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Abfindung der im Insolvenzverfahren erdienten Versorgungsanwartschaft

11. Januar 2010

Besteht ein mit einer Versorgungszusage unterlegtes Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, sind vor Insolvenzeröffnung erworbene Anwartschaften reine Insolvenzforderungen, die zur Tabelle angemeldet werden müssen. Für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften aus einer Direktzusage tritt der Pensionssicherungsverein ein. Besteht das Arbeitsverhältnis nach Insolvenzeröffnung mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, entstehen nach der Eröffnung weitere Anwartschaften zu Lasten der Masse. Diese können - unabhängig von ihrer Höhe - vom Verwalter durch eine Kapitalleistung abgefunden werden, wenn die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird (§ 3 Abs. 4 BetrAVG). Dadurch soll der Abschluss des Insolvenzverfahrens beschleunigt werden. Kommt es zu einem Betriebsübergang, hat der Verwalter dieses Recht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergeht. In diesem Fall tritt der Erwerber in die Anwartschaften ein.

Der Kläger war seit 1987 bei der späteren Schuldnerin beschäftigt. Über deren Vermögen wurde am 1.10.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage eine unverfallbare Anwartschaft auf eine monatliche Betriebsrente iHv. 1.821,40 Euro erworben. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag mit dem 31.12.2004. Mit Wirkung zum 1.1.2005 verkaufte der Insolvenzverwalter den Betrieb. Die Schuldnerin befindet sich in Liquidation. Der Insolvenzverwalter hat die während des Insolvenzverfahrens erworbene Anwartschaft des Klägers abgefunden. Dagegen hat sich der Kläger mit einer auf Zahlung einer monatlichen Betriebsrente iHv. 314,51 Euro gerichteten Klage gewandt. Das Bundesarbeitsgericht hat - wie das Landesarbeitsgericht - die Klage abgewiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Dezember 2009 - 3 AZR 814/07 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2007 - 22 Sa 1/07 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 121/09 auf www.bundesarbeitsgericht.de