Jura Update

Namensnennung von Prominenten in der Werbung

6. Juni 2008

Der u. a. für das Wettbewerbsrecht und für Rechtsstreitigkeiten über die kommerzielle Verwertung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in zwei Fällen darüber zu entscheiden, ob prominenten Personen des öffentlichen Lebens wegen der von ihnen nicht erlaubten Verwendung ihres Namens in Werbeanzeigen für die Zigarettenmarke “Lucky Strike” Zahlungsansprüche zustehen. Die Kläger, Ernst August Prinz von Hannover in der Sache I ZR 96/07 sowie der Musikproduzent Dieter Bohlen in der Sache I ZR 223/05, sahen in einer von den Beklagten durchgeführten Werbekampagne eine von ihnen nicht gewollte Kommerzialisierung ihrer Person zu Werbezwecken.

In der einen Werbeanzeige warben die Beklagten im März 2000 unter Anspielung auf tätliche Auseinandersetzungen, in die der Ehemann der Tochter des damaligen Fürsten von Monaco in den Jahren 1998 und 2000 verwickelt war, mit der Abbildung einer allseits eingedrückten Zigarettenschachtel der Marke “Lucky Strike” und der Textzeile: “War das Ernst? Oder August?”

In der anderen Werbeanzeige waren zwei Zigarettenschachtel abgebildet, an denen ein schwarzer Filzstift lehnt. In der darüber befindlichen Textzeile “Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher” waren einzelne Wörter geschwärzt, ohne dadurch unleserlich zu werden. Das Werbemotiv spielte darauf an, dass das Buch “Hinter den Kulissen” von Dieter Bohlen im Jahre 2000 nach mehreren Gerichtsverfahren mit geschwärzten Textpassagen vertrieben worden war.

Die Kläger, die einer Nennung ihrer Namen in den Werbeanzeigen der Beklagten nicht zugestimmt hatten, verlangten Beträge, die ihrer Auffassung nach üblicherweise an vermarktungswillige Prominente als Lizenz gezahlt werden. Die Instanzgerichte haben ihr Begehren für begründet erachtet. Das Berufungsgericht hat Ernst August von Hannover einen Betrag von 60.000 €, Dieter Bohlen einen Betrag von 35.000 € zugesprochen. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof die Klagen nun abgewiesen.

Die Beklagten hätten aktuelle Geschehnisse zum Anlass für ihre satirisch-spöttischen Werbesprüche genommen, ohne über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus die Namen der Kläger zur Anpreisung der beworbenen Zigarettenmarke zu vermarkten. Zwar spielten die Werbemotive nicht auf Ereignisse von historisch-politischer Bedeutung an. Das auch im Bereich der Wirtschaftswerbung bestehende Recht auf freie Meinungsäußerung, auf das sich die Beklagten berufen könnten, umfasse jedoch auch unterhaltende Beiträge, die Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufgriffen. In den Streitfällen habe an den Ereignissen, auf die die Werbeanzeigen der Beklagten anspielten, ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Die verfassungsrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerungsfreiheit verdränge den einfach-rechtlichen Schutz des vermögensrechtlichen Bestandteils der allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Kläger. Die gebotene Güter- und Interessenabwägung falle zu Lasten der Kläger aus. Die Verwendung der Namen erwecke nicht den Eindruck, die Genannten würden die beworbene Zigarettenmarke empfehlen. Die Werbeanzeigen hätten auch keinen die Kläger beleidigenden oder herabsetzenden Inhalt. Die ideellen Interessen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger seien nicht verletzt. Als Folge dieser Abwägung müsse in den Streitfällen das Interesse der Kläger, eine Nennung ihrer Namen in der Werbung zu verhindern, zurücktreten. Deshalb seien ihnen auch keine Ansprüche auf Abschöpfung eines Werbewerts zuzubilligen.

Urteile vom 5. Juni 2008 – I ZR 223/05 und I ZR 96/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 108/2008 vom 05.06.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Deutsche Post AG unterliegt im Streit um die Rechte

6. Juni 2008

Der u. a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat hatte am 05.06.2008 in zwei Prozessen über den Schutzumfang der Marke “POST” zu entscheiden. Die Klägerin ist die Deutsche Post AG, zu deren Gunsten die Marke “POST” u. a. für die Beförderung und Zustellung von Briefen und Paketen eingetragen ist. In den jetzt entschiedenen Prozessen ging die Klägerin aus dieser Marke gegen zwei Unternehmen für Kurier und Postdienstleistungen vor, die den Bestandteil “Post” in ihrer Firmierung führen und bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen verwenden.

Im ersten Verfahren nahm die Klägerin ein Unternehmen wegen Verletzung ihrer Marke in Anspruch, das unter “City Post KG” firmiert, eine Wort/Bildmarke mit dem Bestandteil “CITY POST” hat eintragen lassen und die Bestandteile “city post” als Domainnamen und als E-Mail-Adresse nutzt. Landgericht und Oberlandesgericht Köln hatten die Klage der Deutschen Post in der Vorinstanz mit der Begründung abgewiesen, es fehle an der Verwechslungsgefahr.

Die zweite Klage der Deutschen Post aus der Marke “POST” war gegen ein Unternehmen mit der Firmierung “Die Neue Post” gerichtet, das diese Bezeichnung ebenfalls bei seinem Internetauftritt verwendet. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte der Beklagten die Verwendung dieser Bezeichnung in Übereinstimmung mit der Vorinstanz, dem Landgericht Magdeburg, verboten.

Der Bundesgerichtshof hat die die Klage abweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln im Ergebnis bestätigt. Das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg hat der BGH dagegen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat offengelassen, ob zwischen der Klagemarke “POST” und den angegriffenen Zeichen “City Post” und “Die Neue Post” Verwechslungsgefahr besteht. Die Ansprüche der Klägerin aus ihrer Marke hat der Bundesgerichtshof nach § 23 Nr. 2 MarkenG verneint. Nach dieser Bestimmung kann der Markeninhaber einem Dritten nicht untersagen, ein mit der Klagemarke ähnliches Zeichen als eine Angabe zu benutzen, mit der der Dritte die von ihm angebotene Ware oder Dienstleistung beschreibt, sofern diese Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. An der Benutzung der Bezeichnung “Post” haben die Unternehmen, die nach der teilweisen Öffnung des Marktes Postdienstleistungen erbringen, zur Beschreibung ihres Tätigkeitsbereichs ein besonderes Interesse. Soweit sich die Wettbewerber der Deutschen Post AG durch Zusätze von dem in Alleinstellung benutzten Markenwort “POST” abgrenzen und nicht durch eine Anlehnung an weitere Kennzeichen und Ausstattungsmerkmale der Deutschen Post AG – etwa an das Posthornzeichen oder an die Farbe Gelb – die Verwechslungsgefahr erhöhen, kann ihnen die Verwendung der Bezeichnung “POST” nicht untersagt werden.

Beim Bundesgerichtshof sind im Übrigen noch Verfahren anhängig, bei denen es um die Löschung der zugunsten der Deutschen Post eingetragenen Marke “POST” geht. Über diese Verfahren wird am 23. Oktober 2008 verhandelt werden. Die – an sich beschreibende und daher nicht ohne weiteres eintragbare – Bezeichnung “Post” ist zu Gunsten der Klägerin mit der Begründung als Marke eingetragen worden, sie habe sich als Herkunftshinweis durchgesetzt. Im Hinblick darauf, dass der Bundesgerichtshof in den heute entschiedenen Fällen ohnehin zur Klageabweisung gelangte, brauchte der Ausgang dieser Löschungsverfahren nicht abgewartet zu werden.

Urteile vom 5. Juni 2008 – I ZR 108/05 und I ZR 169/05

Quelle: Pressemitteilung Nr. 107/2008 vom 05.06.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

 

Kündigung eines Busfahrers wegen des Entzugs einer „betrieblichen Fahrerlaubnis“

5. Juni 2008

Wird die in einem öffentlichen Personennahverkehrsunternehmen vom Arbeitgeber zusätzlich zum Führerschein erteilte „betriebliche Fahrerlaubnis“ dem Arbeitnehmer durch den Betriebsleiter entzogen, rechtfertigt dies für sich weder eine außerordentliche noch eine ordentliche Kündigung aus personenbedingten Gründen. Der Entzug einer zusätzlich vom Arbeitgeber zum Führerschein erteilten „betrieblichen Fahrerlaubnis“ steht nicht dem Verlust einer gesetzlichen Fahrerlaubnis gleich, da ihre Erteilung und ihr Entzug nach vom Arbeitgeber selbst erstellten Regeln erfolgt. Ansonsten hätte es der Arbeitgeber in der Hand, sich selbst Kündigungsgründe zu schaffen und die Regelungen zur verhaltensbedingten Kündigung bei Arbeitsvertragspflichtverletzungen zu umgehen.
Der Kläger war seit 1995 bei der Beklagten, die ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen betreibt, als Omnibusfahrer beschäftigt. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags erhielt der Kläger die „Dienstanweisung für den Fahrdienst“, die ua. eine betriebliche Fahrerlaubnis zwingend vorschreibt. Am 22. November 2005 führte ein Fahrmeister der Beklagten eine ca. einstündige Sonderbeobachtung des Klägers während dessen Fahrten mit dem Omnibus durch. Dabei stellte er – vom Kläger zum Teil bestrittene – straßenverkehrsrechtliche Verstöße fest. Nach Anhörung des Klägers teilte die Beklagte ihm mit, auf Grund der festgestellten Verstöße sei er auf Dauer ungeeignet, einen Omnibus zu lenken, und entzog ihm die betriebliche Fahrerlaubnis. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos und fristgerecht.
Mit seiner Kündigungsschutzklage hat sich der Kläger gegen die Kündigungen mit der Begründung gewandt, der Entzug der betrieblichen Fahrerlaubnis stehe seinem weiteren Einsatz als Busfahrer nicht entgegen. Ggf. hätte die Beklagte ihn vor Kündigungsausspruch nachschulen müssen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es liege ein personenbedingter Kündigungsgrund vor. Auf Grund des Entzugs der betrieblichen Fahrerlaubnis durch den zuständigen Betriebsleiter, an den sie gebunden sei, könne sie den Kläger als Busfahrer nicht mehr einsetzen. Eine andere Einsatzmöglichkeit habe nicht mehr bestanden.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Revision der Beklagten ist vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos geblieben (BAG, Urteil vom 5. Juni 2008, 2 AZR 984/06).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 50/08 vom 05.06.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Tarifgebundenheit – Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft

5. Juni 2008

Ein Arbeitgeberverband kann in seiner Satzung eine Form der Mitgliedschaft vorsehen, die nicht zur Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG führt (sog. OT-Mitgliedschaft). Einer auch organisationsrechtlichen Trennung dieser Mitglieder vom „eigentlichen“ Arbeitgeberverband bedarf es nicht. Es muss allerdings bei dem sog. Stufenmodell, nach dem unter einem Dach Arbeitgeber organisiert sind, die der Tarifgebundenheit unterliegen, zusammen mit solchen ohne Tarifgebundenheit organisiert sind, durch die Satzung sichergestellt sein, dass eine direkte Einflussnahme von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen unterbleibt. In einem diesen Vorgaben entsprechenden Verband richtet sich der Wechsel aus der Mitgliedschaft mit Tarifgebundenheit in eine OT-Mitgliedschaft nach dem Satzungsrecht des Verbandes. Da der Arbeitgeberverband als Träger der Koalitionsfreiheit für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie mitverantwortlich ist, sind im Vorfeld eines Tarifabschlusses einem kurzfristigen Wechsel in die OT-Mitgliedschaft tarifrechtlich wirksam werdende Grenzen gezogen.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Druckindustrie in Bayern, beschäftigt. Er ist nach seiner Behauptung Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte gehörte seit 1959 als ordentliches Mitglied „mit Tarifbindung“ dem Verband Druck und Medien Bayern e.V. (vdmb) an, der wiederum Mitglied des Bundesverbandes Druck und Medien (bvdm.) ist. Die Satzung des vdmb sieht neben der ordentlichen Mitgliedschaft „mit Tarifbindung“ die ordentliche Mitgliedschaft „ohne Tarifbindung“ vor, in die das Mitglied mit Tarifbindung „jederzeit auf schriftlichen Antrag durch Beschluss des Vorstandes“ wechseln kann, „wenn die Tarifbindung auch unter Berücksichtigung des gemeinsamen Verbandsinteresses an gleichen Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in der Branche für das Mitglied unzumutbar ist“. Am 29. Mai 2002 paraphierten die Gewerkschaft ver.di und der bvdm. eine Vereinbarung über ein Lohnabkommen, welches durch Annahme der Tarifvertragsparteien bis zum 19. Juni 2002, die dann tatsächlich erfolgte, rückwirkend zum 1. April 2002 in Kraft treten sollte (Lohnabkommen 2002). Am 10. Juni 2002 hatte die Beklagte unter Hinweis auf ihre erheblich verschlechterte wirtschaftliche Situation schriftlich ihren Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft beantragt. Unter dem 18. Juni 2002 bestätigte der vdmb den Wechsel mit sofortiger Wirkung. Die Beklagte, die seit August 2003 wieder ordentliches Mitglied des vdmb „mit Tarifbindung“ ist, gewährte dem Kläger für die Zeit ab April 2002 bis Juli 2003 nicht die Leistungen nach dem Lohnabkommen 2002. Mit seiner Klage macht der Kläger diese Leistungen geltend.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Zwar sind die satzungsmäßigen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer OT-Mitgliedschaft im sog. Stufenmodell, insbesondere bezüglich des Ausschlusses der OT-Mitglieder von der tarifpolitischen Willensbildung des vdmb, und diejenigen des Statuswechsels erfüllt. Der kurzfristige Statuswechsel in eine OT-Mitgliedschaft ist aber im Vorfeld eines Tarifabschlusses – ähnlich wie ein Blitzaustritt aus dem Arbeitgeberverband (vgl. dazu Senat 20. Februar 2008 – 4 AZR 64/07  – Pressemitteilung Nr. 15/08) – regelmäßig für den verhandelten Tarifvertrag tarifrechtlich unwirksam, wenn er der anderen Tarifvertragspartei nicht mitgeteilt worden oder bekannt geworden ist, weil dadurch typischerweise die Grundlagen des Tarifabschlusses gestört werden. Dies ist hier der Fall, weil der Übertritt der Arbeitgeberin in die OT-Mitgliedschaft nicht vor dem endgültigen Abschluss der Tarifverhandlungen der Gewerkschaft mitgeteilt worden ist. Gleichwohl konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat noch zu klären, ob der Kläger im Streitzeitraum Mitglied der Gewerkschaft ver.di war und ob ihm die geltend gemachten Tarifforderungen der Höhe nach zustehen (BAG, Urteil vom 4. Juni 2008, 4 AZR 419/07).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 49/08 vom 04.06.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Schwarzstaubablagerungen in der Mietwohnung (”Fogging”) infolge vertragsgemäßen Gebrauchs durch den Mieter

2. Juni 2008

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten in Berlin. In der Wohnung traten Anfang Dezember 2002 plötzlich Schwarzstaubablagerungen (“Fogging”) auf, zunächst in geringem Umfang in der Küche, dem Bad und den Zimmern der Wohnung. Bis Februar 2003 verbreiteten sich die Ablagerungen auf sämtliche Decken und Wände. Die Klägerin forderte die Beklagten erfolglos zur Beseitigung der Schwarzverfärbungen auf. Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung eines Vorschusses für die Kosten der Beseitigung der Verfärbungen in Höhe von 5.423 € verlangt. Dieser Betrag entspricht dem Kostenvoranschlag durch einen Fachbetrieb. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Vorschuss in Höhe der voraussichtlich zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten zusteht. Das Berufungsgericht hat in den plötzlich aufgetretenen Schwarzverfärbungen zu Recht einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB gesehen. Dessen Beseitigung schulden die Beklagten als Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Ursache des Mangels in ihrem eigenen oder im Gefahrenbereich der Klägerin zu suchen ist. Anders wäre es nur dann, wenn die Klägerin die Entstehung des Mangels zu vertreten hätte. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Nach dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten kommen als Ursache der Ablagerungen zwar lediglich Maßnahmen der Klägerin in Betracht, nämlich die Ausstattung der Wohnung mit einem handelsüblichen Teppich, das Streichen der Wände mit handelsüblichen Farben und das Reinigen der Fenster im Winter. Diese Maßnahmen stellen sich jedoch sämtlich als vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache dar, dessen Folgen der Mieter nicht zu vertreten hat (§ 538 BGB), (BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 – VIII ZR 271/07).

Quelle: Pressemitteilung 98/08 vom 28.05.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Abgrenzung zwischen formeller und materieller Ordnungsmäßigkeit der Betriebskostenabrechnung bei Jahr für Jahr wechselnden Flächen- und Verbrauchsangaben

28. Mai 2008

Der Kläger ist Vermieter einer von den Beklagten gemieteten Sechs-Zimmer-Wohnung in Berlin. Mit der Klage verlangt er Nachzahlung von Betriebskosten aufgrund von Nebenkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 1998/1999 bis 2000 und 2002 bis 2004. Die Flächenangaben, die für die Abrechnung der Heizungs- und Warmwasserkosten maßgeblich sind, wechselten in den jeweils auf ein Jahr bezogenen Abrechnungen mehrfach. In den Abrechnungen für 1998/1999, für 1999/2000 und für das Jahr 2000 ist die Gesamtheizfläche mit 1.296,28 qm und die Gesamtfläche für Warmwasser mit 1.144,67 qm angegeben. Für 2001 sind 1.306,03 qm bzw. 1.172,11 qm, für 2002 1.313,62 qm bzw. 1.246,41 qm, für 2003 1.301,87 qm bzw. 1.246,41 qm und für 2004 1.301,81 qm bzw. 1.365,66 qm angesetzt worden. Erhebliche Unterschiede wiesen darüber hinaus auch die Angaben in den einzelnen Jahresabrechnungen über den gesondert abgerechneten Heizölverbrauch einer in dem Anwesen betriebenen Wäscherei auf. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landgericht hat gemeint, die Nachforderungen des Klägers seien nicht fällig, weil die Betriebskostenabrechnungen formell nicht ordnungsmäßig seien. Im Hinblick auf die Gesamtfläche des Hauses bzw. die Gesamtheizfläche und den Heizölverbrauch der Wäscherei ergebe sich ein derart uneinheitliches Bild, dass die Abrechnungen ohne nähere Erläuterung nicht mehr nachvollziehbar seien. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Betriebskostenabrechnungen formell ordnungsmäßig sind. § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB erstreckt den Abrechnungszeitraum der Betriebskosten auf ein Jahr. Den an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden formellen Anforderungen ist genügt, wenn die in diesem Zeitraum angefallenen Betriebskosten aus sich heraus verständlich abgerechnet werden. Eines Abgleichs mit anderen Abrechnungszeiträumen bedarf es nicht, sodass der Vermieter dazu auch keine Erläuterungen abgeben muss. Auffällige Abweichungen und Schwankungen gegenüber den Ansätzen und Werten anderer Abrechungszeiträume können aber in besonderer Weise Anlass geben, die inhaltliche Richtigkeit der betreffenden Posten zu überprüfen. Das Berufungsgericht wird daher nunmehr Feststellungen zur sachlichen Richtigkeit der in den erteilten Abrechnungen jeweils angegebenen Flächen und Verbrauchswerte zu treffen haben (BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 – VIII ZR 261/07).

Quelle: Pressemitteilung 97/08 vom 28.05.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Verjährungsbeginn von Ansprüchen des Wohnraummieters gegen den früheren Vermieter bei Vermieterwechsel

28. Mai 2008

Die Kläger verlangten von der Beklagten, ihrer damaligen Wohnungsvermieterin, im September 2005 Erstattung von Kosten für bestimmte mietvertraglich vereinbarte Aufwendungen. Die Beklagte lehnte das ab und teilte mit, dass sie das Hausgrundstück verkauft habe. Am 21. Februar 2006 wurde der Erwerber als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Die von den Klägern erhobene Klage auf Aufwendungsersatz ging am 22. August 2006 bei dem Amtsgericht ein. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Klage und Berufung sind aus diesem Grund ohne Erfolg geblieben. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausreichen, einen etwaigen Erstattungsanspruch der Kläger als verjährt anzusehen. Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen verjährt zwar gemäß § 548 Abs. 2 BGB in sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Dabei kommt es auf dessen rechtliche Beendigung an. Maßgeblich ist somit die Eintragung der Erwerber in das Grundbuch am 21. Februar 2006. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, beginnt die Sechsmonatsfrist des § 548 Abs. 2 BGB bei einer Veräußerung der Mietsache jedoch erst mit der Kenntnis des Mieters von der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch. Ohne dieses zusätzliche Erfordernis der Kenntnis könnten die Ansprüche des Mieters verjähren, ohne dass er etwas von den tatsächlichen Voraussetzungen des Verjährungsbeginns erfährt. Es genügt nicht, dass der Mieter – wie hier – allgemein Kenntnis von dem Verkauf des Grundstücks hat. Auch dann muss er weder mit einer baldigen Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch rechnen noch eigene Erkundigungen über den Eintragungszeitpunkt einziehen, denn eine Grundbucheintragung kann sich aus den unterschiedlichsten Gründen verzögern. Das Berufungsgericht wird daher festzustellen haben, wann die Kläger von der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch Kenntnis erlangt haben (BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 – VIII ZR 133/07). Die Kläger verlangten von der Beklagten, ihrer damaligen Wohnungsvermieterin, im September 2005 Erstattung von Kosten für bestimmte mietvertraglich vereinbarte Aufwendungen. Die Beklagte lehnte das ab und teilte mit, dass sie das Hausgrundstück verkauft habe. Am 21. Februar 2006 wurde der Erwerber als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Die von den Klägern erhobene Klage auf Aufwendungsersatz ging am 22. August 2006 bei dem Amtsgericht ein. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Klage und Berufung sind aus diesem Grund ohne Erfolg geblieben. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausreichen, einen etwaigen Erstattungsanspruch der Kläger als verjährt anzusehen. Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen verjährt zwar gemäß § 548 Abs. 2 BGB in sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Dabei kommt es auf dessen rechtliche Beendigung an. Maßgeblich ist somit die Eintragung der Erwerber in das Grundbuch am 21. Februar 2006. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, beginnt die Sechsmonatsfrist des § 548 Abs. 2 BGB bei einer Veräußerung der Mietsache jedoch erst mit der Kenntnis des Mieters von der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch. Ohne dieses zusätzliche Erfordernis der Kenntnis könnten die Ansprüche des Mieters verjähren, ohne dass er etwas von den tatsächlichen Voraussetzungen des Verjährungsbeginns erfährt. Es genügt nicht, dass der Mieter – wie hier – allgemein Kenntnis von dem Verkauf des Grundstücks hat. Auch dann muss er weder mit einer baldigen Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch rechnen noch eigene Erkundigungen über den Eintragungszeitpunkt einziehen, denn eine Grundbucheintragung kann sich aus den unterschiedlichsten Gründen verzögern. Das Berufungsgericht wird daher festzustellen haben, wann die Kläger von der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch Kenntnis erlangt haben (BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 – VIII ZR 133/07).

Quelle: Pressemitteilung 96/08 vom 28.05.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Vorkaufsrecht eines Reihenhausmieters bei Realteilung des Grundstücks

28. Mai 2008

Die Klägerin ist Mieterin eines Reihenhauses in der “Lentze Siedlung” in Berlin. Die beklagte Vermieterin ist seit Anfang März 2005 Eigentümerin des ungeteilten Gesamtgrundstücks der Siedlung. Die Beklagte möchte das Gesamtgrundstück in Einzelgrundstücke real aufteilen und diese veräußern. Die Klägerin hat Klage auf Feststellung erhoben, dass ihr für diesen Fall ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB und Kündigungsschutz gemäß § 577a BGB zustehe. Die Vorinstanzen haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, nach dem Wortlaut der §§ 577, 577a BGB stünden die dort bezeichneten Rechte dem Mieter nur im Falle der Begründung von Wohnungseigentum, nicht aber im Falle einer Realteilung zu. Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Mieter eines Reihenhauses auch dann gemäß § 577 BGB zum Vorkauf berechtigt ist und Kündigungsschutz nach Maßgabe des § 577a BGB genießt, wenn der Vermieter eine Realteilung des Gesamtgrundstücks beabsichtigt. Insoweit liegt eine Gesetzeslücke vor, die – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – durch entsprechende Anwendung der §§ 577, 577a BGB zu schließen ist. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber den Mieter zwar bei Umwandlung in Wohnungseigentum schützen wollte, bei realer Teilung eines Gesamtgrundstücks aber bewusst vom Schutz des Mieters abgesehen hat. Die Interessenlage ist in beiden Fällen (Umwandlung in Wohnungseigentum einerseits, Realteilung eines Grundstücks andererseits) im Wesentlichen gleich. Aus der Sicht des Mieters macht es keinen Unterschied, ob das von ihm gemietete Reihenhaus in Wohnungseigentum umgewandelt oder durch reale Teilung Bestandteil eines selbständigen Grundstücks wird. In beiden Fällen steht dem Mieter nach dem Verkauf ein neuer Vermieter gegenüber, der sich – soweit die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind – auf Eigenbedarf berufen könnte. Auch das Interesse des Mieters, durch Ausübung des Vorkaufsrechts selbst das Eigentum an dem von ihm bewohnten Reihenhaus zu erwerben, ist im Falle einer Realteilung nicht geringer als im Falle der Umwandlung in Wohnungseigentum (BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 – VIII ZR 126/07).

Quelle: Pressemitteilung 95/08 vom 28.05.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Betriebsübergang – Gründung einer Service GmbH

22. Mai 2008

Gründet ein Kommunalunternehmen, das Krankenhäuser betreibt, eine Service GmbH und übernimmt diese alle Reinigungskräfte dieser Krankenhäuser, so liegt ein Betriebsteilübergang vor, wenn die GmbH im Wege der Arbeitnehmerüberlassung alle übernommenen Reinigungskräfte an das Kommunalunternehmen „zurückentleiht“ und diese dort die gleichen Tätigkeiten verrichten wie bisher. Dies gilt jedenfalls, wenn ausschließlicher Gegenstand des Unternehmens der Service GmbH die Stellung von Personal an das Kommunalunternehmen oder an dessen Tochterunternehmen ist. Die Klägerinnen waren als Reinigungskräfte in einem vom Kommunalunternehmen betriebenen Krankenhaus beschäftigt. Es kam zur Gründung der Beklagten, einer Service GmbH, deren ausschließlicher Geschäftsgegenstand die Stellung von Personal an das Kommunalunternehmen oder dessen Tochterunternehmen ist. Alleiniger Gesellschafter der Beklagten ist das Kommunalunternehmen. Die Klägerinnen schlossen auf Anraten des Kommunalunternehmens Aufhebungsverträge mit diesem und gleichzeitig Arbeitsverträge zu geänderten Bedingungen mit der Beklagten. Auf Grund eines Personalgestellungsvertrages stellte die Beklagte die Klägerinnen dem Kommunalunternehmen zur Arbeitsleistung zur Verfügung. Sie verrichteten dort die gleichen Tätigkeiten wie früher. Das Kommunalunternehmen stellte die Reinigungsmittel und Arbeitsgeräte zur Verfügung und erteilte den Klägerinnen die Arbeitsanweisungen. Die Klägerinnen machen geltend, es habe ein Betriebsteilübergang vorgelegen, so dass ihre Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte übergegangen seien. Ihre Aufhebungsverträge mit dem Kommunalunternehmen seien deshalb wegen Umgehung des § 613a BGB rechtsunwirksam. Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit ihrer Revision hatten die Klägerinnen Erfolg. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die gewählte Vertragsgestaltung und deren tatsächliche Auswirkungen als einen Betriebsteilübergang im Sinne des § 613a BGB angesehen (BAG, Urteil vom 21. Mai 2008, 8 AZR 481/07).

Quelle: Pressemitteilung 42/08 vom 21.05.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Urlaubsabgeltung bei zweiter Elternzeit

22. Mai 2008

Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, muss der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr gewähren (vgl. bis 31. Dezember 2006 § 17 Abs. 2 BErzGG, danach inhaltsgleich § 17 Abs. 2 BEEG). Der Urlaub ist abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit endet oder es im Anschluss an die Elternzeit nicht fortgesetzt wird (§ 17 Abs. 3 BErzGG/BEEG). Der Neunte Senat hat § 17 Abs. 2 BErzGG bisher so ausgelegt, dass der auf Grund einer ersten Elternzeit übertragene Urlaub auch dann mit Ablauf des auf diese Elternzeit folgenden Urlaubsjahrs verfällt, wenn er wegen einer zweiten Elternzeit nicht genommen werden kann. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest.
Die Klägerin nahm für die Betreuung ihres ersten Kinds vom 3. Dezember 2001 bis 7. Oktober 2004 Elternzeit in Anspruch. Wegen der Geburt ihres zweiten Kinds im Jahr 2003 schloss sich „nahtlos“ eine weitere, bis 18. August 2006 verlangte Elternzeit an. Das 1988 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Dezember 2005.
Die Klägerin fordert mit ihrer im Januar 2006 zugestellten Klage die Abgeltung von 27,5 Urlaubstagen aus dem Jahr 2001. Der Neunte Senat hat der Klage im Unterschied zu den Vorinstanzen stattgegeben. Der Resturlaub wird weiter übertragen, wenn er nach dem Ende der ersten Elternzeit wegen einer weiteren Elternzeit nicht genommen werden kann. Das ergibt eine verfassungs- und europarechtskonforme Auslegung von § 17 Abs. 2 BErzGG/BEEG. Sie hat den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, die Vorgaben in Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie, Art. 2 der Gleichbehandlungsrichtlinie und die Wertungen aus Art. 8 und 11 der Mutterschutzrichtlinie zu beachten (BAG, Urteil vom 20. Mai 2008, 9 AZR 219/07)

Quelle: Pressemitteilung 40/08 vom 20.05.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de