Jura Update

Schwerbehinderte Menschen – Wartezeit (§ 90 Abs.1 Nr.1 SGB IX)

12. Januar 2008

Auf die Wartezeit sowohl nach § 1 Abs. 1 KSchG als auch nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht (BAG 20. August 1998 – 2 AZR 76/98 – AP KSchG 1969 §1 Wartezeit Nr. 9 = EzA KSchG §1 Nr. 49 und – 2 AZR 83/98BAGE 89, 307). Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn das Arbeitsverhältnis lediglich deshalb rechtlich unterbrochen ist, weil sich der Arbeitgeber (Land) bei einem Arbeitnehmer (Lehrer) dazu entschlossen hat, das Arbeitsverhältnis während der Zeit, in der keine Arbeitsleistung anfällt (Schulferien), nicht fortzuführen (BAG, Urteil vom 19.6.2007, 2 AZR 94/06).

Quelle: www.bundesarbeitsgericht.de

Versicherungsbetrug – Verdachtskündigung haltbar?

7. Januar 2008

Nur aufgrund eines Verdachts des Betruges darf kein Angestellter gekündigt werden. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass eine Verdachtskündigung auf starken Verdachtmomenten beruhen muss, die durch Tatsachen gedeckt sind. Voraussetzung sei zudem, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, den Sachverhalt aufzuklären. Dazu gehöre insbesondere, dem Beschuldigten die Gelegenheit zu geben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. In dem Fall hatten mehrere Fahrer von Müllfahrzeugen einer Gemeinde zahlreiche Unfälle verursacht. Diese wurden über eine Versicherung abgerechnet, die den Verdacht schöpfte, die Unfälle erfolgten in Betrugsabsicht. Die Mitarbeiter bestritten der Gemeinde gegenüber jedoch die Vorwürfe. Trotzdem wurden sie fristlos gekündigt. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass in dem Fall eine Verdachtskündigung zwar in Frage kommt, weil Häufigkeit und die weiteren Umstände der Unfälle hinreichende Verdachtsmomente ergeben. Jedoch wurde der Fall zur endgültigen Aufklärung an die untere Instanz zurückverwiesen (BAG, Urteil, 2 AZR 724/06)

Quelle: Pressemitteilung – Berliner Zeitung, www.berliner-zeitung.de

Keine Benachteiligung im befristeten Lehrerarbeitsverhältnis

7. Januar 2008

Nach § 4 Abs. 2 TzBfG darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Eine schlechtere Behandlung liegt vor, wenn befristet Beschäftigte für die gleiche Arbeitsleistung eine geringere Bezahlung als die Dauerbeschäftigten erhalten oder wenn ihnen wegen der Befristung Vergünstigungen vorenthalten werden.
Werden Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in befristeten Arbeitsverhältnissen von kürzerer Dauer als einem Schuljahr beschäftigt, werden sie hinsichtlich des nach Kalendermonaten bemessenen Entgelts nicht schlechter als unbefristet angestellte Lehrkräfte behandelt, deren Arbeitsverhältnis während des laufenden Schuljahres endet. Denn auch diese Lehrkräfte erhalten keine Vergütung für Ferien nach dem Ausscheiden aus dem Schuldienst. Eine Schlechterstellung liegt ebenso wenig im Vergleich zu Lehrern vor, deren Arbeitsverhältnis über das Ende des Schuljahres hinaus fortbesteht, weil deren Arbeitspflicht, sofern kein Erholungsurlaub gewährt wird, in unterrichtsfreien Zeiten nicht entfällt. (BAG, Urteil vom 19. Dezember 2007, 5 AZR 260/07 )

Quelle: Pressemitteilung / www.bundesarbeitsgericht.de

Status einer „Ein-Euro-Jobberin“

25. November 2007

Das Rechtsverhältnis zwischen einer erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Leistungserbringerin auf der Basis von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II (sog. Ein-Euro-Job) ist kein Arbeitsverhältnis, sondern öffentlich-rechtlicher Natur. Die Hilfebedürftige hat deshalb keinen Anspruch auf Arbeitsvergütung.
Die Klägerin war Arbeitssuchende und erhielt Entgeltleistungen nach dem SGB II. Mit Arbeitsstellenvorschlag der Arbeitsgemeinschaft eines Landkreises wurde sie der beklagten Verbandsgemeinde zur Unterstützung einer Raumpflegerin gemeldet. Die Klägerin schloss mit der Arbeitsgemeinschaft eine Eingliederungsvereinbarung. Die Tätigkeit war bis zum 31. Dezember 2005 befristet. Hierfür erhielt die Klägerin neben dem Arbeitslosengeld II eine zusätzliche Mehraufwandsentschädigung von 1,25 Euro pro Stunde.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten und dessen Fortbestand über den 31. Dezember 2005 hinaus sowie Zahlung von Arbeitsvergütung. Sie meint, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 SGB II hätten nicht vorgelegen. Sie habe keine wettbewerbsneutralen und zusätzlichen Arbeiten im Sinne dieser Vorschrift geleistet. Vielmehr sei sie als reguläre Arbeitskraft beschäftigt worden. Das Arbeitsverhältnis sei durch konkludenten Vertragsabschluss zustande gekommen. Für eine Befristung gebe es keinen sachlichen Grund. Ihr stehe daher die übliche Bruttovergütung zu.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben, denn zwischen den Parteien hat kein Arbeitsverhältnis bestanden (BAG – Urteil vom 26.9.2007, 5 AZR 857/06;  siehe auch Parallelentscheidung BAG – Urteil vom 26.9.2007, 5 AZR 858/06).

Quelle: www.bundesarbeitsgericht.de

Diskriminierung nach dem AGG im Bewerbungsverfahren?

21. November 2007

Eine Benachteiligung im Sinne der Antidiskriminierungsvorschriften kommt nur dann in Betracht, wenn der Bewerber objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt und eine subjektiv ernsthafte Bewerbung vorliegt. Diesen Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht bereits zur früheren Vorschrift des § 611a BGB (betreffend das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts) entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 12.11.1998 – 8 AZR 365/99 – AP BGB § 611a Nr. 16; BAG 27.04.2000 – 8 AZR 295/99 – zitiert nach Juris) sowie der Instanzgerichte (vgl. nur LAG Berlin 14.07.2004 – 15 Sa 417/04NZA-RR 2005, 124; LAG Berlin 30.03.2006 – 10 Sa 2395/05 – LAGE § 611a BGB 2002 Nr. 1) war der Schutzzweck des damaligen § 611a Abs. 2 BGB die Entschädigung des objektiv geeigneten Bewerbers wegen der durch sein Geschlecht bedingten Benachteiligung im Verfahren. Die damalige Vorschrift stellte nicht auf die formale Position eines allein durch die Einreichung eines Bewerbungsschreibens begründeten Status als “Bewerber” ab, sondern auf die materiell zu bestimmende objektive Eignung als Bewerber. Im Besetzungsverfahren konnte danach nur derjenige Bewerber im Rechtssinne benachteiligt werden, der sich subjektiv ernsthaft beworben hatte und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kam. An dieser Sachlage hat sich durch die Verabschiedung des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 nichts geändert. (Schleusener/Suckow/ Voigt, AGG, § 7 Rz 8; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, § 6 Rz. 12). LArbG Baden-Württemberg – Beschluss vom 13.08.2007 3 Ta 119/97

Quelle: www.lrbw.juris.de

Vertragsänderung nach Betriebsübergang möglich?

21. November 2007

§ 613 a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Vergütung abzusenken. Eine solche Vereinbarung bedarf keines sie rechtfertigenden Sachgrundes (BAG – Urteil vom 7. November 2007 – 5 AZR 1007/06).

Quelle: www.juraforum.de

Kein “Verbrauch” der Zustimmung des Integrationsamtes

21. November 2007

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf nach § 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt. Eine ohne diese Zustimmung erklärte Kündigung ist unwirksam. Hat das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt, so kann der Arbeitgeber innerhalb eines Monats die Kündigung erklären (§ 88 Abs. 3 SGB IX). Das kann bei unverändertem Kündigungsgrund auch mehrfach geschehen (BAG – Urteil vom 8. November 2007 – 2 AZR 425/06).

Quelle: www.juraforum.de

Verringerung der Arbeitszeit von Flugbegleiterinnen

21. November 2007

Nach § 27 Abs. 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag grundsätzlich dem von den Parteien gewählten nationalen Recht. Bei Arbeitsverhältnissen darf diese Rechtswahl dem Arbeitnehmer nicht den Schutz zwingender Bestimmungen des nationalen Rechts entziehen, das ohne die Rechtswahl anzuwenden wäre (Art. 30 Abs. 1 EGBGB). Maßgebend ist dabei, ob das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist, Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB (BAG – Urteil vom 13. November 2007 – 9 AZR 134/07).

Quelle: www.juraforum.de

Teilzeitanspruch und tarifliche Härtefallregelung

21. November 2007

Arbeitnehmer haben nach § 8 TzBfG Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn die gewünschte Verringerung zu erheblichen Störungen tariflicher Arbeitszeitmodelle führt. Eine solche Beeinträchtigung kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer, der den Teilzeitwunsch äußert, oder andere Arbeitnehmer nicht mit ihrer gesamten Arbeitszeit eingesetzt werden können. Die Störung ist schon deshalb erheblich, weil Ansprüche aus Annahmeverzug entstehen können und der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht in vollem Umfang nachkommen kann (BAG – Urteil vom 13. November 2007 – 9 AZR 36/07).

Quelle: www.juraforum.de 

Verjährung bei Wettbewerbsverstoß

21. November 2007

Das in den §§ 60, 61 HGB für Handlungsgehilfen geregelte Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses gilt für alle Arbeitnehmer. Es schützt auch Arbeitgeber, die kein Handelsgewerbe betreiben.
Solche Arbeitgeber können in analoger Anwendung von § 61 Abs. 1 HGB die einem Prinzipal bei einem Wettbewerbsverstoß eines Handlungsgehilfen zustehenden Ansprüche geltend machen. Für die Verjährung der Ansprüche gilt die dreimonatige Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB (BAG – Urteil vom 26.9.2007, 10 AZR 511/06).

Quelle: www.bundesarbeitsgericht.de